Bürgerstiftung Energiewende Oberland
Josef Kellner
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Diese Zusammenfassung stellt die Ergebnisse der Potenzialanalyse für den Bereich Windkraft dar. Eine Gesamtübersicht über die Potenziale aller weiteren EE-Erzeugungsformen finden Sie hier.
Einige Gebiete in der Region „Energiewende Oberland“ weisen ein erhebliches Windkraftpotenzial auf. Vorteile der Windenergie gegenüber anderen regenerativen Energien sind insbesondere der geringere Flächenverbrauch sowie geringe Energierücklaufzeiten - also die Zeitspanne, die benötigt wird um durch den Betrieb der Anlage diejenige Energiemenge zu produzieren, die für die Herstellung erforderlich war (GÜNTHER 2015). Mit derzeit weniger als 0,1 % Anteil an der Deckung des Stromverbrauchs spielt die Windkraft regional eine untergeordnete Rolle bei der Stromerzeugung. Dieser Wert ist vor dem Hintergrund zu betrachten, dass die Flächenrestriktionen aufgrund der großen Anzahl ausgewiesener Schutzgebietsflächen sowie weiterer rechtlicher Einschränkungen besonders hoch sind und viele Gegenden der Region aufgrund der ausgeprägten Topographie für eine wirtschaftliche Nutzung der Windenergie nicht geeignet sind.
Zunächst wird das natürliche Windkraftpotenzial der Region betrachtet, das von den mittleren Windgeschwindigkeiten und ihrer Verteilung über das Jahr hinweg bestimmt wird. Dazu werden die zu erwartenden Vollaststunden ermittelt, also die durchschnittliche Anzahl an Stunden pro Jahr in denen eine Windkraftanlage (WKA) mit voller Leistung betrieben werden kann. Die in Abbildung 1 angegebenen Volllaststunden beziehen sich dabei auf eine WKA, die für schwachwindige Standorte geeignet ist.
Abbildung 1: Abschätzung der Volllaststunden einer 2-MW-WKA in 160 m Höhe. Die Lage der Vorranggebiete sind gelb markiert. Angegeben sind die Mittelwerte der Volllaststundenbereiche 450-750, >750-1050, >1050-1350, >1350-1650 und >1650-1950 h/a.
Aufgrund natürlicher und anthropogener Gegebenheiten sowie zahlreicher gesetzlicher Vorschriften ist das Errichten von WKAs nur auf bestimmten Flächen möglich. Seit dem 17.11.2014 gilt für den Neubau von WKAs innerhalb Bayerns die sogenannten 10 H-Regelung als Bestimmungen der Bayerischen Landesbauordnung, die im Mai 2016 nochmals durch den Bayerischen Verfassungsgerichtshof bestätigt wurde. Das Gesetz schreibt für den Neubau von Windrädern einen Mindestabstand zur nächstgelegenen Wohnbebauung vor, der dem zehnfachen der Anlagenhöhe entspricht. Für ein modernes Windrad mit einer Gesamthöhe von 200 m bedeutet dies einen Mindestabstand von zwei Kilometern zum nächstgelegen Wohngebiet. Geringere Abstände sind allerdings im Einvernehmen innerhalb der Gemeinde sowie der betroffenen Nachbarkommunen möglich (nach Art. 82 Abs. 5 BayBO).
Die regionalplanerische Möglichkeit zur Ausweisung von Vorranggebieten (VRG) für WKAs wurde in der Region Oberland durch die Teilfortschreibung „Windkraft“ des Regionalplans 17 (RP17) realisiert. Mit der Ausweisung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten für Windkraft in den Regionalplänen eröffnet der Gesetzgeber den regionalen Planungsverbänden die Möglichkeit, in einer planerischen Vorstufe zur Genehmigung die Errichtung von WKAs in den Räumen zu steuern (§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB). Die 9. Fortschreibung des RP17 wurde im Planungsausschuss der Region Oberland am 22.04.2015 beschlossen (Inkrafttreten am 17.10.2015). Insgesamt beinhaltet die in der Teilfortschreibung ausgewählte Planungsvariante sieben VRG zur Windkraftnutzung mit Flächen von jeweils mindestens 20 ha. Zusammen umfassen die VRG ca. 963 ha, was einem Anteil von 0,24 % der Regionsfläche entspricht. Darüber hinaus existieren regionalplanerisch nicht berücksichtigte Gebiete – sogenannte „weiße Flächen“ - die weder als Vorrang- noch als Ausschlussgebiete für Windkraft definiert sind. Entsprechend der aktuellen Planungen umfassen „weiße Flächen“ rund 847 ha (0,21 % der Regionsfläche). Die verbleibenden 99,5 % der Gebietsfläche werden im RP17 als Ausschluss-gebiete deklariert (siehe Abbildung 2).
Abbildung 2: Flächenhafte Darstellung der Bestimmungen des Regionalplans. In grün und orange sind alle potenziell geeigneten und potenziell bedingt geeigneten Flächen unabhängig von gesetzlichen Bestimmungen eingefärbt. Die rosa schraffierte Fläche stellt die Ausschlussfläche gem. Regionalplan dar. Die sieben Vorranggebiete sind gelb markiert, die „Weißen Flächen“ weiß eingefärbt. Der Regionalplan ist unabhängig von der 10 H-Regelung.
Bei einer kompletten Ausschöpfung der dargestellten Windenergiepotenziale innerhalb der VRG (2 MW-Anlage, 160 m Höhe ü. Grund, Rotordurchmesser 100 m, 500 m Radialabstand) ließe sich aus 76 Anlagen Energie in der Größenordnung von 241 GWh/a erzeugen. Allerdings sind hiervon 162 GWh/a von der 10 H-Regelung betroffen und gelten nur als „bedingt geeignet“, da dort nur im Einvernehmen aller beteiligten oder betroffenen Kommunen WKAs errichtet werden dürfen (nach Art. 82 Abs. 5 BayBO). Es verbleiben folglich 78,6 GWh/a, die ohne rechtliche Einschränkungen in den VRG erzeugt werden könnten.
Analog dazu wurde auch eine Ausschöpfung der sogenannten „weißen Flächen“ berechnet. Auf den insgesamt 847 ha könnten über 65 Anlagen jährlich etwa 162 GWh erzeugt werden. Der Großteil dieser Flächen ist allerdings durch die 10 H-Regelung betroffen und fällt daher in die Kategorie „bedingt geeignet“. Das Potenzial der übrigen „geeigneten“ Flächen beläuft sich auf etwa 6 Anlagen in den Gebieten der „weißen Flächen“ mit einem Gesamtertrag von lediglich etwa 16,8 GWh/a.
Insgesamt können auf den gem. RP17 möglichen Flächen aufgrund der 10 H-Regel nach dem aktuellen Stand der Technik lediglich 23,9% des vorhandenen Potenzials genutzt werden. Es ergeben sich 95,4 GWh pro Jahr.
Abbildung 3: Ungenutztes Potenzial für die Stromerzeugung mittels Windkraft in der Region „Energiewende Oberland“. Dargestellt ist jeweils das Potenzial der einzelnen Landkreise und der Gesamtregion in GWh/a. Die Klassen sind aufgeteilt in Vorranggebiete (VRG) und Weiße Flächen (WF) des Regionalplans mit jeweils der Untergruppe geeignet (kräftige Farbgebung) bzw. bedingt geeignet (blasse Farbgebung) bei Einschränkungen durch die 10 H-Regelung. Die orange- gestrichelten Linien markieren den aktuellen Strombedarf 2014 der Landkreise Bad Tölz-Wolfratshausen und Miesbach in GWh/a. Der Strombedarf Weilheim-Schongaus liegt bei 1.292 GWh/a, der der gesamten Region bei 2.188 GWh/a. Beide Markierungen gehen damit über den Rand der Abbildung hinaus und sind daher nicht dargestellt.
GÜNTHER, M. 2015. Energieeffizienz im regenerativ basierten Energiesystem. In: (Eds.): Energieeffizienz durch Erneuerbare Energien. Springer, 163-171.