Naturräumliches Potenzial der Region „Energiewende Oberland“ zur Stromproduktion mit Wasserkraft (Laufwasserkraft und Pumpspeicher)

Diese Zusammenfassung stellt die Ergebnisse der Potenzialanalyse für  den Bereich Wasser dar. Eine Gesamtübersicht über die Potenziale aller weiteren EE-Erzeugungsformen finden Sie hier. 

 

Laufwasserkraft

Wasserkraft zählt zu den wichtigsten und bereits am stärksten ausgebauten Erneuerbaren Energieträgern in Bayern (BAYSTMWIVT 2011). Durch die tageszeitenunabhängige Verfügbarkeit hat die Wasserkraft eine stabilisierende Funktion für das bayerische Energiesystem, da sie sowohl für die Grund- und Mittellast als auch für die Spitzenlast eingesetzt werden kann  (BAYSTMWIVT 2011).

 

Wie wurde das Potenzial für Stromerzeugung aus Laufwasserkraft in der Region berechnet?

Im Rahmen der „Vereinbarung über die nachhaltige Wasserkraftnutzung an staatlichen Gewässern in Bayern“ zwischen der bayerischen Staatsregierung und den großen Wasserkraftwerksbetreibern wurde bereits eine umfassende Potenzialstudie „Ausbaupotenziale Wasserkraft in Bayern“ durchgeführt (E.ON UND BEW 2009). Das darin ermittelte Ausbaupotenzial setzt sich aus Potenzialerhöhung durch

1.       Modernisierung,

2.       Verbesserung des Ausbaugrades,

3.       kurzfristige Stauzielerhöhung,

4.       Erhöhung des Wirkungsgrads,

5.       Neubau an neuen Standorten und

6.       Neubau an bestehenden Querbauwerken

zusammen (E.ON UND BEW 2009).

Um das noch ungenutzte Potential in der Region „Energiewende Oberland“ zu ermitteln, wurden mehrere Studien herangezogen. Zur Potenzialerhöhung durch Modernisierung und Nachrüstung bereits bestehender Wasserkraftanlagen wurden Informationen  von den großen Wasserkraftbetreibern zur Verfügung gestellt (BAYSTMWI 2014).  Über einen potenziellen Neubau von großen Wasserkraftanlagen informiert eine E.ON-Studie (E.ON Wasserkraft GmbH). Für die Ermittlung des Potenzials kleiner Wasserkraftanlagen (< 1 MW Leistung) wurde eine deutschlandweite Studie verwendet, anhand derer das Potenzial der Region geschätzt wurde (BMU 2010). Detaillierte Informationen zum Potenzial durch Neubau an bestehenden Querbauwerken in der Region basieren auf einer Untersuchung des Landesamts für Umwelt (LFU 2012).

 

Welches Potenzial für die Stromerzeugung durch Laufwasserkraftwerke besteht im Oberland?

Aufgrund des bereits starken Ausbaus der Wasserkraft in Bayern steht in der Region kein Standort mehr für den Bau einer neuen großen Wasserkraftanlage zur Verfügung (E.ON Wasserkraft GmbH, 2009; letzter Standort am Walchenseekraftwerk wurde 2011 bereits erschlossen). Allerdings besteht Potenzial für kleinere Anlagen unter 1 MW Leistung. Durch Abschätzungen basierend auf einer deutschlandweiten Studie ergibt sich ein Potenzial von 70-135 GWh/a (BMU 2010), wovon seit Ende 2009 bereits ein Großteil realisiert wurde. Das bisher noch ungenutzte Potenzial beläuft sich auf 81 GWh/a (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1: Ungenutztes Potenzial für die Stromerzeugung mit Laufwasserkraftwerken. Berücksichtigt sind Modernisierungs- und Nachrüstungsmaßnahmen sowie der Neubau von Anlagen mit einer Leistung < 1 MW sowie der Neubau an bestehenden Querbauwerken. Dargestellt ist jeweils das Potenzial der einzelnen Landkreisein GWh/a. Die orange-gestrichelten Linien markieren den aktuellen Strombedarf 2014 der Landkreise Bad Tölz-Wolfratshausen und Miesbach in GWh/a. Wie die Abbildung deutlich macht, reichen die Potenziale durch Laufwasserkraftwerke nicht an den Bedarf heran, weshalb der Strombedarf Weilheim-Schongaus von 1.292 GWh/a nicht dargestellt werden kann.

Detaillierte Angaben zur Modernisierung und Nachrüstung bereits bestehender Wasserkraftanlagen und zum Neubau an bestehenden Querbauwerken in der Region „Energiewende Oberland“ werden in der Karte in Abbildung 2 dargestellt (BAYSTMWI 2014; LFU 2012). Von insgesamt 98 bestehenden Wasserkraftanlagen eignen sich vier Anlagen für eine mögliche Potenzialerhöhung durch Modernisierung bzw. Nachrüstung (siehe Abbildung 2, Markierung „M“ bzw. „N“). Von den 25 vorhandenen Querbauwerken in der Region wurden sieben Bauwerke als für die Wasserkraftnutzung geeignet oder bedingt geeignet eingestuft (grüne Markierung). Bei dieser Analyse wurden die Querbauwerke jedoch lediglich hinsichtlich ihrer technisch umsetzbaren Potenziale untersucht. Reguläre Genehmigungsverfahren können dementsprechend zu Abweichungen führen. Für weitere neun Querbauwerke liegen derzeit noch keine Bewertungen vor (pinke Markierung), die Geschiebesperre oberhalb des Sylvensteinsees befindet sich aktuell in Prüfung (graue Markierung). Insgesamt acht Bauwerke wurden als nicht geeignet bewertet (rote Markierung). Mit den sieben geeigneten Querbauwerken beläuft sich das vorhandene Potenzial auf eine rechnerische mittlere Leistung von ca. 2,2 MW. Die Volllaststundenzahl wurde mit 5.000 h/a angenommen. Hierdurch können etwa 11 GWh/a Strom produziert werden. Je nach Bewertung der Eignung wird die zusätzliche noch mögliche Stromproduktion bis ins Jahr 2035 für Querbauten in etwa auf bis zu 4 GWh/a Strom abgeschätzt.

Abbildung 2: Ergebnisse der Untersuchung von Neubaupotenzialen an bestehenden Querbauwerken sowie von Ausbaupotenzialen vorhandener Wasserkraftanlagen in der Region "Energiewende Oberland" (LfU 2012).

 

Pumpspeicher

Mit dem angestrebten Ziel der Region bis 2035 unabhängig von fossilen Energieträgern zu werden, gewinnt mittel- und langfristig auch die Thematik der Energiespeicherung durch Pumpspeicherwerke (PSW) an Bedeutung. Aufgrund der Betriebsweise von PSW sind diese in erster Linie zur Kompensation kurzfristiger Ertragsschwankungen im Minuten- bis Stundenbereich geeignet, wie sie häufig bei Wind- und Sonnenenergie auftreten.

 

Wie wurde das Potenzial für Pumpspeicherwerke (PSW) in der Region berechnet?

Als fachliche Grundlage zur Ermittlung von PSW-Potenzialen in der Region wurde die vom Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) in Auftrag gegebene Pumpspeicherpotenzialanalyse für Bayern herangezogen (LFU 2014). In der vom Ingenieurbüro Lahmeyer Hydroprojekt durchgeführten und mit dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) fachlich abgestimmten Untersuchung wurden bayernweit insgesamt 16 „TOP-Standorte“ für die Errichtung von PSW identifiziert.

 

Welches Potenzial für Pumpspeicherwerke (PSW) besteht im Oberland?

Von diesen 16 „TOP-Standorten“ befinden sich vier in der Region Energiewende Oberland (siehe Tabelle 1), wobei der Jochberg als potenzielles Oberbecken doppelt aufgeführt ist, jeweils mit den Unterbecken Walchensee (m) und Kochelsee (n). Dazu kommt der Mitterberg (o) mit dem Unterbecken Walchensee sowie ohne nähere Spezifikation der Sylvensteinspeicher (q). Alle aufgeführten Varianten liegen im süd-östlichen Bereich des Landkreises Bad Tölz-Wolfratshausen.  In Summe ergibt sich in der Region der Studie zufolge ein Pumpspeicherpotenzial in der Größenordnung zwischen 2.400 – 5.600 GWh/a Ertrag (siehe Abbildung 3).

Tabelle 1: „TOP-Standorte“ für PSW in der Region „Energiewende Oberland“ auf Basis der vom bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) in Auftrag gegebenen Analyse von Pumpspeicherpotenzialen in Bayern (LFU 2014)

BezeichnungNr.Ausbauleistung [MW]LandkreisGemeinden
Jochberg/ Walchenseem500 - 1.000Bad Tölz - WolratshausenKochel a. See, Jachenau
Jochberg/ Kochelseen<500Bad Tölz - WolratshausenKochel a. See, Jachenau
Mitterberg/ Walchenseeo500 - 1.000Bad Tölz - WolratshausenJachenau
Sylvensteinq500 - 1.000Bad Tölz - WolratshausenJachenau, Lenggries
Summe ~ 2.000 - 3.500  

 

Abbildung 3: Gesamtpotenzial für Pumpspeicher in der Region „Energiewende Oberland“. Dargestellt ist das Potenzial der Gesamtregion, das ausschließlich im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen liegt.

Die orange-gestrichelte Linie markiert den aktuellen Stromverbrach der Region im Jahr 2014 in GWh/a.

Dem theoretisch großen Potenzial zur Pumpspeicherung in der Region stehen allerdings auch gesellschaftliche, ökologische und ökonomische Argumente gegenüber. Das verdeutlichen massive Proteste wie das Aktionsbündnis „Nochberg“. Zudem verweist der Bericht zur Analyse der Pumpspeicherpotenziale in Bayern (LFU 2014) bei den aufgeführten „TOP-Standorten“ in der Region auf teils erhebliches Konfliktpotenzial mit natur- und wasserschutzrechtlichen Kriterien hin.

Im Rahmen der Analyse der Pumpspeicherpotenziale in Bayern wurden zusätzlich die Erweiterungsmöglichkeiten an bestehenden PSW untersucht. Die Ausbaupotenziale des in der Region befindlichen PSW Leitzach (Lkr. Miesbach) wurden jedoch als gering eingestuft. Es wird darauf verwiesen, dass der Leistungszuwachs durch Erweiterung bestehender PSW im Vergleich zur Steigerung durch den Bau neuer PSW verhältnismäßig gering ist.

 

Quellen:

BAYSTMWIVT 2011: Bayerisches Energiekonzept "Energie innovativ". München: Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie.

BAYSTMWI 2014: Energie-Atlas Bayern. Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie. Online erhältlich unter www.geoportal.bayern.de/energieatlas-karten (Zugriffsdatum: 20.11.1015).

BMU 2010: Potentialermittlung für den Ausbau der Wasserkraftnutzung in Deutschland als Grundlage für die Entwicklung einer geeigneten Ausbaustrategie. Schlussbericht. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit.

E.ON; BEW 2009: Potenzialstudie "Ausbaupotenziale Wasserkraft in Bayern". Bericht aus Sicht der beiden großen Betreiber von Wasserkraftanlagen in Bayern. E.ON Wasserkraft GmbH, Landshut; Bayerische Elektrizitätswerke GmbH, Augsburg.

LfU 2012: Querbauwerke. Bayerisches Landesamt für Umwelt, www.lfu.bayern.de.

LFU 2014: Analyse der Pumpspeicherpotenziale in Bayern - Endbericht. Online erhätlich unter http://www.stmwi.bayern.de/fileadmin/user_upload/stmwivt/Themen/Energie_und_Rohstoffe/Dokumente_und_Cover/2014-Pumpspeicher-Potenzialanalyse.pdf (Zugriffsdatum: 01.08.2015).